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Solvency-II-Berichtswesen: Was sich für die Unternehmen ändert

Die Europäische Kommission hat am 5. Mai 2023 die neuen Technischen Standards für das Berichtswesen und die Offenlegung der Versicherungsunternehmen veröffentlicht. Die beaufsichtigten Solvency-II-Unternehmen müssen sie ab dem 4. Quartal 2023 und dem Jahresbericht 2023 anwenden.

 

 

Aktualisierte Vorschriften für das Meldewesen

Mit der 2016 eingeführten Versicherungsaufsichtsrichtlinie Solvency II wollte die Europäische Union einen europäischen Versicherungsmarkt mit einheitlichen Vorschriften schaffen. Dazu zählte auch ein europaweit harmonisiertes Berichtswesen.

Klar ist: Das Berichtswesen muss stets zweckmäßig sein. Dafür wird es nun weiterentwickelt. Konkret heißt das zum Beispiel, dass Daten über neue Risiken erhoben oder Unstimmigkeiten beseitigt werden müssen.

Um auch künftig ein aussagekräftiges Berichtswesen sicherzustellen, hat EIOPA, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, ihre Anforderungen für das Berichtswesen und die Offenlegungen überarbeitet. Dabei hat sie die Erfahrungen der ersten Jahre des Solvency-II-Berichtswesens berücksichtigt – ebenso wie die Rückmeldungen auf ihre öffentliche Konsultation im Jahr 2021.

Die BaFin hat die überarbeiteten Technischen Standards bereits berücksichtigt. Sie sind Teil der turnusmäßigen Aktualisierung der Hinweise zum Berichtswesen vom 11. Oktober 2023. Auf der BaFin-Website steht auch eine Version der Hinweise im Änderungsmodus zur Verfügung.

 

 

Neue Taxonomie 2.8.0 in Kürze verpflichtend

Die Taxonomie, also das Datenmodell, in der die neuen Technischen Standards umgesetzt werden, ist die Taxonomie 2.8.0. Die EIOPA hat auf ihrer Website umfangreiche technische Informationen über die neue Taxonomie veröffentlicht, unter anderem die Meldebögen (siehe auch Kasten „Auf einen Blick“), die Validierungen und weitere technische Dokumentationen.

Darüber hinaus gibt es eine Webseite mit Antworten auf zahlreiche Fragen zu den neuen Technischen Standards, die bei der EIOPA eingegangen sind. Beaufsichtigte Unternehmen sollten diese Webseite beobachten.

Auf der BaFin-Website steht den berichtspflichtigen Unternehmen in der Melde- und Veröffentlichungsplattform (MVP) die gewohnte Testumgebung für quantitative Solvency II-Meldungen zur Verfügung. Ab dem 1. Dezember 2023 wird dort auch die Taxonomie-Version 2.8.0 durch das MVP-Fachverfahren „TEST: Versicherungsaufsicht – Solvency II“ unterstützt. Ab dann können Unternehmen quantitative Solvency-II-Meldungen auf Grundlage der Taxonomie-Version 2.8.0 zu Testzwecken hochladen und validieren. Informationen rund um das MVP-Fachverfahren „Versicherungsaufsicht – Solvency II“ bzw. „TEST: Versicherungsaufsicht – Solvency II“ stehen ebenfalls auf der BaFin-Website bereit.

 

Start mit Bericht über 4. Quartal

Die Berichtspflicht nach der neuen Taxonomie beginnt mit dem Bericht über das 4. Quartal 2023. Der entsprechende Meldetermin für Solo-Unternehmen ist der 5. Februar 2024, für Gruppen der 18. März 2024. Zudem muss auch die Jahresmeldung 2023 nach der neuen Taxonomie erfolgen. Solo-Unternehmen müssen ihre Jahresmeldung bis zum 8. April 2024 einreichen, Gruppen bis zum 21. Mai 2024. Die BaFin ist verpflichtet, die Daten an die EIOPA und die Bundesbank zu übermitteln. Daher kann sie den Unternehmen keine Fristverlängerung gewähren falls die Übermittlung der Daten Probleme bereitet. Die Finanzaufsicht empfiehlt daher, die Testumgebung frühzeitig zu nutzen.

Grundsätzlich ist nicht festgelegt, wann künftige Taxonomiewechsel erfolgen müssen. Es ist möglich, dass Wechsel in der Taxonomie von den Unternehmen ab dem 4. Quartal des vorangegangenen Jahres oder ab dem 1. Quartal des betrachteten Jahres berücksichtigt werden müssen. Entsprechende Informationen veröffentlicht die EIOPA auf ihrer Webseite .

 

Auf einen Blick:Wichtige Neuerungen bei den Meldebögen (beispielhafte Auswahl)

Durch die neuen Technischen Standards werden Daten zu Themen erhoben, die bei der Einführung von Solvency II noch nicht im Fokus waren. Dazu gehören zum Beispiel:

  • S.06.04: Anlagerisiken in Verbindung mit dem Klimawandel: Hier werden Informationen über den Anteil der Investitionen erhoben, die einem klimawandelbedingten Risiko ausgesetzt sind.
  • S.14.02: Analyse der Nichtlebensverpflichtungen: Dieser Meldebogen orientiert sich an dem bereits vorhandenen Meldebogen S.14.01 für Lebensversicherungen. Außerdem werden hier ebenfalls Daten zu klimabedingten Risiken erhoben.
  • S.14.03 Cyberversicherungstechnisches Risiko: Die berichtspflichtigen Unternehmen sollen in diesem Meldebogen unter anderem Angaben zum Zielmarkt machen, die gedeckten Risiken beschreiben und Angaben zur Versicherungssumme, Prämien und zum Betrag der Schadenzahlungen machen.
  • S. 25.05, S.26.02-S.26.06, S.26.08-S.26.16 Interne Modelle: In diesen Meldebögen sollen die Angaben in Abhängigkeit von der Architektur der Internen Modelle und des Risikoprofils des Unternehmens gemacht werden.

Es werden zudem neue Meldebögen eingeführt:

  • Die Meldebögen S.04.03 (Basisinformationen), S.04.04 und S.04.05 (beide Tätigkeiten nach Land) ersetzen S.04.01 und S.05.02 (auf Solo-Ebene) und
  • Mehrere S.37er-Meldebögen zu Risikokonzentrationen für Versicherungsgruppen.

Einige Meldebögen werden gestrichen oder gehen in den neuen Meldebögen auf:

  • S.03.02/S.03.03 Außerbilanzielle Posten
  • S.06.01 Zusammenfassung der Vermögenswerte
  • S.08.02 Transaktionen in Derivaten
  • S.15.01/S.15.02 Garantien für variable Annuitäten

Einige Meldebögen wurden überarbeitet:

  • Im Meldebogen „S.06.02 Liste der Vermögenswerte“ werden zusätzliche Angaben zur Anwendbarkeit der Bail-in-Regeln, zu Kryptowerten sowie zu Art und Standort von Immobilien und der LEI-Code der Verwahrer erhoben.
  • In vielen Meldebögen für Gruppen wurden umfangreiche Klarstellungen vorgenommen. Außerdem erfolgten bei gruppeninternen Transaktionen und Risikokonzentrationen Angleichungen zum Berichtswesen für Finanzkonglomerate.

Außerdem wurden Schwellenwerte überarbeitet oder neu eingeführt, um das Berichtswesen auf materielle Geschäftsbereiche zu beschränken. Dies soll zu mehr Proportionalität und Risikoorientierung des Berichtswesens beitragen.

 

Wenn statistische Berichtspflichten nicht eingehalten werden

Neben der Überarbeitung der Technischen Standards gibt es eine weitere relevante Neuerung für Unternehmen: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit einer Verordnung eine Rechtsgrundlage für Übertretungsverfahren erlassen, also für den Fall, dass Unternehmen ihre statistischen Berichtspflichten nicht einhalten.

Demnach müssen Berichtspflichtige künftig damit rechnen, dass die Deutsche Bundesbank ein Übertretungsverfahren einleitet,

  • wenn sie mindestens drei Mal innerhalb von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ihre vierteljährlichen Berichtspflichten nicht eingehalten haben
  • oder wenn sie ihre jährlichen Berichtspflichten zweimal hintereinander nicht eingehalten haben.

Wichtig dabei: Schon die Überschreitung der Frist um einen Tag zählt als Übertretung.

Diese Verordnung wird ab dem 30. April 2024 angewendet. Die Bundesbank hat die betroffenen Unternehmen angeschrieben und sie auf eine Informationsveranstaltung Ende November 2023 hingewiesen.

 

Solvency-II-Review bringt weitere Änderungen mit sich

Die europäischen Behörden haben die Technischen Standards für das Berichtswesen unabhängig vom Solvency-II-Review überarbeitet. Vertreterinnen und Vertreter der EU-Kommission, des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments diskutieren über diesen Review derzeit im Rahmen des Trilogs.

Der Solvency-II-Review behandelt zwar auch Teile des Berichtswesens, die Meldebögen sind davon aber nicht unmittelbar betroffen. Überarbeitet wird im Rahmen des Reviews beispielsweise das narrative Berichtswesen. Unter anderem steht hier zur Diskussion, den Solvabilitäts- und Finanzbericht (Solvency and Financial Conditions Report – SFCR) adressatengerechter zu gestalten und weitere Themen darin aufzunehmen. Auch geht es um die Frage, ob die Unternehmen in ihrer unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (Own Risk and Solveny Assessment – ORSA) zusätzliche Themen, wie etwa makroprudenzielle Risiken, betrachten sollen. Darüber hinaus erörtern die beteiligten Institutionen den Vorschlag, die Proportionalität auch beim narrativen Berichtswesen zu wahren, und die Frage, wie das Proportionalitätsprinzip in diesem Fall ausgestaltet werden kann. Dabei geht es unter anderem um Vereinfachungen für Captives. Zudem steht mit Blick auf die Erfahrungen in der Corona-Krise auch zur Diskussion, ob unter außergewöhnlichen Umständen eine Verschiebung von Meldeterminen ermöglicht werden soll.

Für den weiteren Verlauf der Verhandlungen gibt es keinen verbindlichen Zeitplan. Die BaFin wird jedoch über den Fortgang des Solvency-II-Reviews informieren.

 

Quelle: BaFin vom 27.11.2023

 

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