Mitgliedsbeiträge eines Fitnessstudios bei pandemiebedingter Schließung
Die Frage, ob Beiträge, die Mitglieder eines Fitnessstudios trotz coronabedingter Schließung an den Betreiber zahlen, der Umsatzsteuer unterliegen, war schon mehrfach Gegenstand finanzgerichtlicher Entscheidungen. Ein neues Urteil liegt nun aus Niedersachsen vor.
Mit Urteil vom 23. Mai 2023 (Az. 5 K 59/22) hat das Niedersächsische Finanzgericht die Frage bejaht für den Fall, dass sich die Vertragsparteien zu Beginn der Schließzeit auf eine danach beitragsfreie Vertragsverlängerung um die Zeit der Schließung geeinigt haben. Dabei war maßgeblich, ob ein Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zwischen den Zahlungen der Mitglieder und den Leistungen des Fitnessstudios vorliegt.
Umsatzsteuerrechtliche versus zivilrechtliche Maßstäbe
Diese Frage wird grundsätzlich nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben beantwortet. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, liegt jedoch regelmäßig auch ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor.
Der Bundesgerichtshof hat insoweit für das Zivilrecht bereits entschieden, dass Leistungen eines Fitnessstudios bei coronabedingter Schließung wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar sind und der Betreiber von seiner Leistungsverpflichtung frei wird, gleichzeitig aber seinen Anspruch auf die Gegenleistung verliert.
Bisherige FG-Entscheidungen
Auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts waren bisher Entscheidungen der Finanzgerichte in Hamburg und Schleswig-Holstein ergangen. Das FG Hamburg hat in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem allerdings „nur“ mit einem Aushang vor Ort und in den sozialen Medien Gratis-Monate für die Schließzeit sowie Alternativleistungen angeboten worden waren, das Vorliegen eines Leistungsaustauschs verneint. Das FG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die vereinnahmten Mitgliedsbeiträge jedenfalls mit dem Leistungsbündel der im dortigen Fall erbrachten Alternativleistungen wie Online-Kurse in einem Leistungsaustausch stünden.
Wann liegt ein Austauschverhältnis vor?
Das Niedersächsische FG ist im vorliegenden Streitfall zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Parteien zu Beginn der Schließung auf eine Änderung des jeweiligen Vertrags dergestalt geeinigt haben, dass die Betreiberin der Fitnessstudios ihre Leistungen (teilweise) im Anschluss an die reguläre Vertragslaufzeit und das jeweilige Mitglied die Gegenleistung vorab während der Schließzeit erbringt. Dies folge daraus, dass dies sämtlichen Kunden zu Beginn der Schließung persönlich und unmittelbar per E-Mail angeboten worden sei, so dass die schlichte Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge nach dem objektiven Empfängerhorizont als konkludente Annahme zu verstehen sei.
Im Ergebnis führe dies dazu, dass zwischen den Beitragszahlungen der Mitglieder und den später zu erbringenden Leistungen der Fitnessstudiobetreiberin ein Austauschverhältnis vorliege und die Zahlungen als Vorauszahlungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
(Nieders. FG / STB Web)
Artikel vom 28.08.2023