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Wer nachhaltig investieren will, kann aus einer Vielzahl von „grünen“, „nachhaltigen“ oder „ökologischen“ Produkten wählen. Was das bedeutet und ob es überhaupt zutrifft, ist oft unklar. Zumindest für bestimmte Anleihen soll sich dies nun ändern: Mehr Transparenz schafft die Verordnung (EU) 2023/2631 des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische grüne Anleihen (EUGBV), die am 30. November 2023 veröffentlicht wurde. Sie setzt einen EU-weiten Marktstandard für „grüne“ Anleihen: den European Green Bond Standard (EUGBS) (siehe Infokasten).

Demnach muss eine Anleihe, die diesem Standard entspricht, besondere, an ökologische Nachhaltigkeitskriterien geknüpfte Bedingungen erfüllen. Auch legt der EUGBS fest, wie externe Prüferinnen und Prüfer, die nationalen Finanzaufsichtsbehörden und die Europäische Wertpapieraufsicht sicherstellen, dass die Anbieter diese Vorgaben einhalten.

Auf diese Weise soll der EUGBS Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch Unternehmen und anderen institutionellen Investoren, Orientierung bei grünen Anlagemöglichkeiten bieten. Anlegerinnen und Anleger, die in eine nachhaltige Anleihe investieren möchten, sollen mit möglichst geringen Aufwand erfassen und vergleichen können, nach welchen Prinzipien die Gelder verwendet werden, und welchen Berichtspflichten der Emittent unterliegt.

 

Auf einen Blick:
Vom Pariser Klimaabkommen zum European Green Bond Standard

Mit dem Pariser Klimaabkommen hatten sich die EU-Länder 2015 das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Wirtschaft eine tiefgreifende Transformation durchlaufen, für die viele Investitionen benötigt werden.

In ihrem European Green Deal Investment Plan aus dem Jahr 2020 sah die Europäische Kommission daher vor, einen europäischen Standard für ökologisch nachhaltige Anleihen zu schaffen. Sie zählen nach Einschätzung der EU zu den wichtigsten Instrumenten für die Finanzierung von ökologisch nachhaltigen Investitionen. Dies war die Geburtsstunde des EUGBS, des European Green Bond Standard. Er soll zu einem größeren Angebot und einer höheren Nachfrage nach „grünen“ Anleihen beitragen.

 

Die Emittenten können selbst entscheiden, ob sie ihre Anleihe als EU Green Bond (EuGB) begeben möchten oder nicht. Es ist auch möglich, dass sie andere Nachhaltigkeitsstandards einhalten, beispielsweise die Green Bond Principles des internationalen Branchenverbands für Kapitalmarktteilnehmer ICMA oder des Climate Bonds Standard der gemeinnützigen internationalen Climate Bonds Initiative. Entscheidet sich ein Emittent dafür, seine Anleihen als EuGB auszugeben, so muss er die Vorgaben des EUGBS einhalten.

Siegel EuGB: An viele Bedingungen geknüpft

Um als European Green Bond vermarktet zu werden, müssen die Emissionserlöse der Anleihe für ökologisch nachhaltige Zwecke verwendet werden. Was dies genau bedeutet, regelt die Taxonomieverordnung, auf die die EUGBV auch verweist.

Es können sich nur solche Anleiheemissionen als EuGB qualifizieren, für die im Vorfeld ein Prospekt nach der EU-Prospektverordnung erstellt wurde – entweder, weil der Emittent ohnehin dazu verpflichtet war, oder, weil dies freiwillig geschehen ist. Ausgenommen hiervon sind lediglich bestimmte staatliche Anleihen, für die grundsätzlich keine Prospektpflicht gilt. In Deutschland werden diese Wertpapierprospekte vor ihrer Veröffentlichung durch die Finanzaufsicht BaFin gebilligt und danach sowohl auf der Website des Emittenten als auch auf der Website der BaFin veröffentlicht.

 

Auf einen Blick:
Rechtsgrundlage EUGBV: Auch freiwilliger Informationsstandard möglich

Rechtliche Grundlage des European Green Bond Standard ist die Verordnung (EU) 2023/2631 des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische grüne Anleihen (EUGBV). Sie enthält auch zusätzliche Regelungen: So hat sie unter anderem einen freiwilligen Informationsstandard für Anleihen geschaffen, die zwar keine European Green Bonds sind, jedoch innerhalb der EU mit einem ökologisch nachhaltigen Verwendungszweck vermarktet werden („bonds marketed as environmentally sustainable“) bzw. Bedingungen enthalten, die mit bestimmten Nachhaltigkeitszielen verknüpft sind (“sustainability-linked bonds”).

Emittenten, die solche Anleihen ausgeben, können potenzielle Anleger nach einem bestimmten Vorlagenmuster über den nachhaltigen Verwendungszeck ihrer Anleihe informieren. Allerdings müssen diese Angaben nicht von externen Prüferinnen und Prüfern beurteilt werden.

 

Berichtspflichten vor, während und nach der Emission

Emittenten eines EuGBs müssen verschiedene Berichts –und Informationspflichten erfüllen. Deren Ziel: Für die Anlegerinnen und Anleger muss deutlich werden, wie die Erlöse aus der Anleiheemission verwendet werden. Neben dem bereits erwähnten Wertpapierprospekt müssen Emittenten daher vor der Emission ein Informationsblatt veröffentlichen. Es enthält weitere wesentliche Informationen zur geplanten taxonomiekonformen Erlösverwendung. Außerdem zeigt es auf, wie die Emission des EuGBs in die übergeordnete Nachhaltigkeits-strategie des Emittenten eingebettet ist.

Doch hält der Emittent, was er im Informationsblatt versprochen hat? Damit Verbraucherinnen und Verbraucher und institutionelle Anleger dies überprüfen können, muss der Emittent auch nachgelagerte Transparenzpflichten erfüllen: mit seinen Allokationsberichten. Diese müssen bis zur vollständigen Verwendung des Emissionserlöses jährlich veröffentlicht werden. Sie dokumentieren, dass die mit dem EuGB eingesammelten Gelder ordnungsgemäß verwendet wurden.

Wie sich die Anleiheerlöse auf die Umweltziele auswirken, die der Emittent durch die Ausgabe des EuGB verfolgt hat, schildert der Wirkungsbericht. Diesen Bericht muss der Emittent einmalig erstellen und veröffentlichen, nachdem alle Erlöse aus der Emission verwendet worden sind.

Transparenz fördert Vergleichbarkeit

Damit Anlegerinnen und Anleger verschiedene EuGB-Emissionen leichter vergleichen können, gibt es sowohl für das Informationsblatt als auch für Allokations- und Wirkungsbericht jeweils ein standardisiertes Format. Außerdem schreibt die EUGBV eine Voremissionsprüfung und eine Nachemissionsprüfung der Berichte vor. Das heißt, dass externe Prüferinnen und Prüfer die Informationen in den Informationsblättern und in dem Allokationsbericht, der nach vollständiger Erlösverwendung erstellt wurde, prüfen müssen. Außerdem müssen sie die dabei erstellte Beurteilung in einer Stellungnahme erläutern. Der nachgelagerte Wirkungsbericht ist von dieser Pflicht zwar grundsätzlich ausgenommen, eine freiwillige Begutachtung ist aber möglich.

Bei der Vor- und Nachemissionsprüfung von Informationsblatt und Allokationsbericht muss die Prüferin bzw. der Prüfer auch beurteilen, ob die Anleiheemission die Kriterien der EUGBV erfüllt. Bei der Nachemissionsprüfung stellt sich außerdem die Frage, ob die Erlöse aus der Anleiheemission entsprechend der im Informationsblatt gemachten Angaben verwendet wurden.

Der Emittent muss die Prüfberichte ebenso wie das Informationsblatt, die Allokationsberichte und den Wirkungsbericht auf seiner Website veröffentlichen. Zudem stellen die externen Prüferinnen und Prüfer ihre Prüfungsberichte auch auf ihre eigene Website. Die national zuständigen Aufsichtsbehörden – in Deutschland also die BaFin – sowie die ESMA muss der Emittent über die Veröffentlichung der Unterlagen informieren.

 

Auf einen Blick:Externe Expertise ist gefragt

Wer als Prüferin oder Prüfer Informationsblätter oder Allokationsberichte prüfen will, muss sich zuvor bei der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrieren lassen. Die Verordnung (EU) 2023/2631 des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische grüne Anleihen (EUGBV) stellt besondere Anforderungen an die Prüferinnen und Prüfer. So soll sichergestellt werden, dass diese fachlich kompetent und unabhängig sind.

Darüber hinaus enthält die EUGBV Anforderungen an die Methodik der externen Prüferinnen und Prüfer. Die ESMA überwacht auch nach der Registrierung, ob die Expertinnen und Experten ihre Pflichten erfüllen. Ist dies nicht der Fall, kann die ESMA dies ahnden – und ihnen notfalls die Registrierung widerrufen.

 

BaFin überwacht

Als zuständige Aufsichtsbehörde überwacht die BaFin, ob die Emittenten der European Green Bonds die Transparenz- und Informationspflichten erfüllen. Die BaFin hat auch im Blick, ob die erforderlichen Unterlagen zuvor durch externe Prüferin-nen und Prüfer geprüft wurden.

Der EUGBS räumt den nationalen Aufsichtsbehörden hierfür besondere Befugnisse ein: So kann die BaFin den Emittenten dazu verpflichten, fehlende Informationen in seinen Berichten zu ergänzen oder versäumte Veröffentlichungen nachzuholen. Auch die Aussetzung oder Untersagung eines Angebots findet sich im Repertoire, das die EUGBV für die nationalen Aufsichtsbehörden vorsieht. Bei Verstößen gegen die Verordnung sind auch Sanktionen möglich. Deren konkrete Ausgestaltung muss jedoch noch auf nationaler Ebene definiert werden.

Wofür sind die nationalen Aufsichtsbehörden nicht zuständig? Sie prüfen nicht, ob die Informationen, die Emittenten in den Informationsblättern und Berichten veröffentlichen, tatsächlich den Tatsachen entsprechen – ob also ein EuGB tatsächlich die Kriterien der Taxonomieverordnung einhält oder die Emissionserlöse ordnungsgemäß verwendet werden. Zudem beaufsichtigen die nationalen Aufsichtsbehörden nicht die Emittenten von Staatsanleihen.

 

Verfasst von

Martin Ziegenbalg
Referat WA 31

 

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

 

Quelle: BaFin vom 04.12.2023

 

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